Uuups, we did it again. Wir waren zum vierten Mal auf der Chelsea Flower Show unterwegs und haben uns angesehen was die Crème de la Crème der internationalen Gartendesigner und Pflanzenzüchter so zu bieten hat.
Die Karten für die Chelsea Flower Show sind heiß begehrt. Oft sind sie bereits kurz nach Verkaufsbeginn (startet kurz nach Ende der aktuellen Show, denn nach der Show ist vor der Show) vergriffen. Und das obwohl sie nicht wirklich günstig sind. Ein Tagesticket kostet rund 120 €. Man darf maximal sechs Karten pro Person kaufen und der Wiederverkauf ist streng verboten. Wird natürlich trotzdem gemacht. Zu horrenden Preisen (mehrere hundert Pfund pro Ticket) kann man auch noch kurz vor der Show Karten erwerben. Wir haben uns bereits im letzten Winter für die Chelsea Flower Show akkreditiert. Ein aufwendiges Verfahren, mit vielen Nachweisen und Empfehlungsschreiben. Ob man eine Presse-Akkreditierung bekommt oder nicht erfährt man erst kurz vor der Show im April. Zimmer und Bahn oder Flug buchen wir also immer auf Verdacht. Bislang hat es allerdings immer geklappt, wir gehören quasi schon zum Inventar.
Was spricht für den Besuch der Chelsea Flower Show?
Für uns gehört der Besuch der Chelsea Flower Show zum Business. Ich schreibe für verschiedene Zeitschriften über Blümchen und der Mann macht die Fotos dazu. Aber lohnt sich ein Just-for-Fun Besuch für Gartenfreaks und Hobbygärtner? Wir haben diese Fragestellung gründlich durchdacht und präsentieren hier unser absolut subjektives Ergebnis. Also, was spricht für den Besuch der Chelsea Flower Show?
Grund Nummer 1: Die Schaugärten der Chelsea Flower Show
Die sind wirklich außerordentlich! Auf wenigen Quadratmetern werden hier extrem komplexe Gartenwelten geschaffen. Es ist kaum zu glauben, dass die Gartenteams dafür nur drei Wochen Zeit haben. Die Gärten sehen aus, als wären sie schon immer da gewesen, natürlich gewachsen über Jahrzehnte. Zumindest einige davon. Schaut euch zum Beispiel den Welcome-to-Yorkshire-Garden an. Er imitiert eine typische Landschaft in Yorkshire, mit einem kleinen Cottage, einem Gemüsegarten, Blumen und einem für die Gegend typischen Bachlauf. Nichts davon war vor drei Wochen da und nichts davon wird in wenigen Tagen noch da sein. Das Gelände besteht außerhalb der Chelsea Flower Show aus einer absolut ebenen, grünen Rasenfläche. Nur die sehr großen Bäume im Hintergrund stehen immer da.
Welcome to Yorkshire
Der M&G Garden
In eine ganz andere Richtung geht der M&G Garden. Die Designerin Sarah Price spielt mit Farbe, Oberfläche, Licht und Schatten. Die Bepflanzung ist eher zurückhaltend. Die roten Lehmwände beherrschen das Bild. Schaut euch die beiden Granatapfelbäume vor der roten Lehmwand an. Könnt ihr euch vorstellen, dass sie erst vor wenigen Tagen mit einem riesigen Kran hierher transportiert wurden?
The Morgan Stanley Garden for the NSPCC
Nicht alle Gärten sehen so wild und gewachsen aus und nicht alle Gärten treffen meinen Geschmack. Der diesjährige Gewinnergarten gefiel mir zunächst eher weniger. Ich war wirklich überrascht, als er zum Best-of-Show ernannt wurde. Wir sind extra noch einmal hingegangen, weil wir kaum Fotos von dem Garten hatten. Als Pressevertreter durften wir den Garten betreten (alle Schaugärten sind eingezäunt und dürfen nicht betreten werden) und ich muss zugeben, von innen betrachtet gewinnt er. Wenn man genau hinschaut entdeckt man viele interessante Farne und die dort gepflanzten Lilien wachsen sogar in meinem Garten. Nur das Haus samt Deko und Wasserlauf gefällt mir überhaupt nicht.
Grund Nummer 2: Die Besucher der Chelsea Flower Show
Es gibt übrigens zu jedem Garten einen Flyer mit Pflanzliste zum Nachpflanzen, der auf großes Interesse beim Publikum stösst. Und damit wären wir beim zweiten Grund, der für den Besuch der Chelsea Flower Show spricht, dem Publikum. 157.000 Menschen besuchen die Chelsea Flower Show an den fünf Veranstaltungstagen. Mehr Karten dürfen nicht verkauft werden. An jedem Veranstaltungstag schieben sich also rund 30.000 Menschen über das 4,5 Hektar große Gelände. Das sind ganz schön viele und an manchen Stellen wird es ganz schön eng.
Aber gedrängelt wird nicht. Wir sind schließlich in Great Britain. Dem Land der disziplinierten Schlangesteher. Und so wartet jeder geduldig, bis Vordermann und Vorderfrau zur Seite treten und den Blick auf den Garten freigeben. Bis es soweit ist, kann man in Ruhe die Kleidung der Besucher studieren. Auch hier gibt es viel Blumiges und teilweise Kurioses zu sehen. Wir sind schließlich in Great Britain. Dem Land der liebenswerten Exzentriker. Und während man so wartet und guckt, kann man auch gut den Gesprächen der Ladys und Lords lauschen.
Mein Lieblingskommentar in diesem Jahr, stammt von einem älteren, sehr gut gekleideten Ehepaar. Er im maßgeschneiderten Anzug, sie im eleganten Blumenkleid. Die beiden stehen vor einem Stand mit (schlammgrünen) Gummistiefeln, völlig versunken in den Anblick.
Er zu ihr (mit getragener Stimme und völlig ohne Ironie): „Amazing colours!“
Sie neigt huldvoll zustimmend den behüteten Kopf.
Grund Nummer 3: London während der Chelsea Flower Show
Selbst ohne Eintrittskarte lohnt sich ein Besuch in London während der Chelsea Flower Show. Die Geschäfte in Chelsea übertrumpfen sich gegenseitig mit floralen Dekorationen. Ganze Hausfassaden sind mit Blumen bedeckt. Schaufenster, Busse, Eingänge, überall grünt und blüht es. Das ganze nennt sich Chelsea in Bloom und ist überaus sehenswert. Leider hatten wir selbst diesmal gar keine Zeit in Chelsea Fotos zu machen. Bilder dazu könnt ihr euch auf Instagram unter dem Hashtag #chelseainbloom ansehen.
Und was spricht gegen einen Besuch der Chelsea Flower Show?
Das ist schnell erzählt beziehungsweise gezeigt. Welche Gärtnerin und welcher Gärtner lässt denn im Mai den eigenen Garten für mehrere Tage allein? Fast hätte ich die Blüte meiner weißen Päonie verpasst. Nicht auszudenken. Als wir wegfuhren waren alle Blüten geschlossen. Jetzt sind sie alle weit geöffnet. Die Rosen vor dem Zaun blühen wie verrückt. Der Fingerhut geht mir bis zur Brust und wird heftig von Hummeln umschwärmt. Die Zierlauchknospen sind zu großen Bällen herangewachsen. Und die absolute Sensation – die Mini-Kiwi blüht zum ersten Mal seit vier Jahren. Mit etwas Glück steht diesen Sommer die erste bescheidene Kiwiernte an. Ehrlich, mein eigener Garten lässt mein Herz viel schneller schlagen und höher hüpfen als alle preisgekrönten Schaugärten zusammen.
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