Eigenes (Craft) Bier brauen? Ist das nicht furchtbar kompliziert? Ist es nicht! Alles was man dafür braucht, sind die richtigen Zutaten und etwas Zeit. Wir haben es vor ein paar Jahren zum ersten Mal probiert und brauen seitdem zwei bis dreimal im Jahr unser eigenes Bier. Wenn Ihr jetzt braut, wird das Bier noch rechtzeitig zu Weihnachten fertig. 

Hopfen und Malz

Dass ich, als eingefleischte Weintrinkerin, einmal unter die Brauer*innen gehe – wer hätte das gedacht? Aber die neuen handwerklich gebrauten Craft Beer Sorten spielen wirklich in einer ganz anderen Liga als die bekannten Bierklassiker. Als Hobby-Winzerin habe ich mich ja bereits probiert und Johannisbeerwein selbst gemacht. Bier brauen macht genauso viel Spaß und immerhin zwei der vier Bierzutaten kann man – zumindest theoretisch – im Garten anbauen. Für Gerste ist unser Garten zu klein, aber für zwei Hopfenpflanzen reicht der Platz. Eine davon ist dieses Jahr vertrocknet, aber von der anderen konnten wir eine schöne Menge Hopfen ernten. Wir benutzen ihn allerdings eher für selbst gemachten Kräutertee. Für unsere Brauversuche haben wir bislang Hopfen-Pellets verwendet.

Eigenes (Craft) Bier brauen ist ganz einfach Alles was man dafür braucht, sind die richtigen Zutaten und etwas Zeit. Eine kleine Anleitung zum Bier brauen.
Eigenes (Craft) Bier brauen- eine Anleitung

Um ein richtiges Land zu sein braucht man ein eigenes Bier und eine Fluggesellschaft. Es hilft, wenn man eine Fußballmannschaft oder ein paar Atomraketen besitzt, aber was am Ende wirklich zählt ist das Bier.

Frank Zappa

Craft Beer ist Trend

Zum ersten Mal habe ich durch eine Freundin von dem neuen Craft Beer Trend gehört. Ausgerechnet in Schweden, wo alkoholische Getränke praktisch mit Gold aufgewogen werden, hat sie zum ersten Mal Craft Beer probiert. Gebraut hatte es ihr Schwager zu Hause und geschmeckt hat es lecker. So lecker, dass sie mich direkt nach ihrer Rückkehr zum Bier brauen überreden wollte. Aber zu dem Zeitpunkt habe ich ihren Vorschlag noch nicht ernst genommen.

Dazu musste ich erstmal selbst in einer Kneipe Craft Beer probieren. War wirklich nicht schlecht das Zeug. Fruchtig in der Nase und sehr aromatisch im Mund. Jede Sorte hatte einen ganz eigenen individuellen Geschmack. Am Ende war ich betrunken und angefixt.

Eigenes (Craft) Bier brauen- eine Anleitung
altes Werbeplakat für Bier

Auf den Geschmack gekommen

Steffis Vorschlag klang auf einmal nicht mehr albern. Selbst Bier brauen – warum nicht? Wir haben uns für unsere Brauversuche ein kleines Profi-Set besorgt. Aber man kann auch mit vorhanden Töpfen, Einkochautomaten und Plastikeimern improvisieren. Im Netz findet man dazu unzählige Anleitungen.

Unser erster Versuch verlief recht chaotisch. Wir hatten nicht genug Malz. Zuviel Hefe. Und wenig Ahnung. Aber ein Spruch, den wir in einem der vielen Brauforen gefunden haben, hat sich als wahr erwiesen: Bier wird’s immer!

Unser erstes selbst gebrautes Bier

Eigenes (Craft) Bier brauen- eine Anleitung

Das Hopfendankfest

Nach vier Wochen war es fertig unser erstes selbst gebrautes Bier. Ganz mutig haben wir zwei Flaschen zum Hopfenbraufest mitgenommen. Drei Brauerkollektive hatten dazu eingeladen und reichlich vorgebraut. Die Jungs haben sich echt ins Zeug gelegt. Gastgeber war Bäm Bäm Bräu aus Ehrenfeld. Als Co-Brauer eingeladen hatten sie die Gartenbrauer aus Düsseldorf und Katjelam aus den Niederlanden.

Es gab jede Menge hervorragendes Bier zum Verkosten. Wir trauten uns kaum unsere eigenes Bier zum Probieren anzubieten. Aber Brauer sind nett zueinander und deshalb wurde unser Bier von den Profis freundlich bewertet und als leichtes Sommerbier einsortiert. Wenig Malz gibt halt auch wenig Alkohol. Wir waren erleichtert und glücklich. Von Profis für gut befunden schmeckte uns unser eigenes Gebräu gleich viel besser.

Zapfhähne
Gläser mit Craft Beer
Liste mit Craft-Beer Sorten
Bäm Bäm Bräu

Bier brauen – zweiter Versuch

Wir starteten sofort einen zweiten Versuch. Die fertige Ale Mischung mit der wir diesmal Brauen, erzeugte zu unserer Verwunderung ein richtig dunkles Bier. Aber zumindest hatten wir genügend Malz und der Alkoholgehalt der Vorderwürze war ganz ordentlich. Stolze 18° Plato zeigte die Spindel beim Messen an. Der Brauvorgang lief schon viel geordneter ab als beim ersten Mal. Nur als die Würze gekühlt werden musste kamen wir ins Schwimmen. Zuerst kippten wir den Sudkessel und vergaßen dabei, dass wir vorher mühsam in der Kesselmitte einen Kegel aus Trubstoffen erzeugt hatten, der nicht mit in den Gärkessel fließen sollte. Also noch mal von vorne. Kräftig rühren, damit ein Wirlpool entsteht. Ruhen lassen. Flüssigkeit vorsichtig ablassen. Die Restflüssigkeit filterten wir mit Hilfe eines feinen Siebes, weil wir sie nicht wegschütten wollten.

Eigenes (Craft) Bier brauen- eine Anleitung
Eigenes (Craft) Bier brauen- eine Anleitung

Kleine Katastrophen

Dann passte der Kühlschlauch nicht an den Wasserhahn im Hinterhof. Wir hatten das passende Anschlussstück leider wieder mit in den Schrebergarten genommen. Was nun? Eigentlich sollte die Flüssigkeit so schnell wie möglich von fast 100°C auf 20°C gekühlt werden. Wir improvisierten in der Badewanne. Einer presste den Schlauch der Kühlspirale mit der Hand auf den Wasserhahn. Der andere rührte fleißig im Kessel, damit möglichst viel Wärme ausgetauscht wurde. Das klappte erstaunlich gut. In weniger als einer Stunde war die Würze kalt genug für die Hefezugabe. Am nächsten Tag war die Hefe angekommen (lustig, aber so nennen Brauer*innen das, wenn das Bier anfängt zu gären). Alles bestens also.

Rund eine Woche gärt das Bier im Kessel. Dann wird es in Flaschen abgefüllt. Darin gärt es noch eine Woche bei ca. 20°C nach, bevor es vier bis sechs Wochen im Kühlschrank ruht und reift. Das Ergebnis hat uns umgehauen. Herausgekommen ist ein sehr sehr starkes dunkles Bier. Wir haben es in sehr sehr kleinen Gläsern getrunken.

Anleitung zum Bier brauen

Unser erster Brauversuch ist recht unorganisiert gestartet. Jeder wusste ein bisschen was, aber keiner so richtig wie es geht. Deshalb die Empfehlung: vor dem Bier brauen Zeit nehmen und Theorie anlesen. Im Netz danach suchen oder ein Buch kaufen. Diese Brauanleitung gibt nur einen kleinen Einblick. Ganz wichtig ist beim Bier brauen auf jeden Fall extrem sauberes Arbeiten. Alle Arbeitsgeräte immer gut reinigen und am besten mit Alkohol desinfizieren.

Zutaten zum Bier brauen
Eigenes (Craft) Bier brauen- eine Anleitung

Bevor es los geht bitte den Brauvorgang per Mail beim zuständigen Zollamt anmelden. Ein formloses Schreiben reicht völlig. Bis zu 200 Liter Bier im Jahr darf man steuerfrei zuhause brauen.

Brauutensilien

Zutaten

Für den ersten Brauversuch würde ich eine fertige Malzmischung, am besten auch geschrotet (außer Ihr habt eine Mühle zuhause), empfehlen. Die gibt es online oder auf Nachfrage auch bei einer Brauerei in der Nähe zu kaufen. Dazu eine Packung Hefe, 30 Liter frisches Leitungswasser und eine Packung Traubenzucker.

Einmaischen, Rasten, Aufheizen

Zunächst 20 Liter Wasser im Einmachautomat auf 70°C erhitzen. Malz einrühren und mit dem Rühren die nächsten 90 Minuten nicht mehr aufhören. Die Flüssigkeit sollte dabei eine Temperatur zwischen 66 und 68°C haben. Beim Einkochautomaten kann man das einstellen, sollte aber auch immer mal wieder mit dem Thermometer nachprüfen und gegebenenfalls die Temperatur hoch- oder runter drehen. Nach 90 Minuten die Temperatur auf 80°C erhöhen – Rühren nicht vergessen – fünf Minuten halten und dann den Einkochautomaten ausschalten.

Einmaischen

Vor dem Läutern ruhen (das Bier nicht wir)

Jetzt wird die Maische in den Läuterbottich geschöpft. Das geht gut mit einem Messbecher oder einem großen Schöpflöffel. Der Ablasshahn des Läuterbottichs muss verschlossen und das Läutersieb eingelegt sein. Wenn alles umgefüllt ist ruht die Flüssigkeit für 20 Minuten. Die Spelzen setzen sich ab und bilden den Treberkuchen, durch den die Flüssigkeit später gefiltert wird. Wir reinigen in dieser Zeit den Einkochautomaten gründlich, der wird nämlich gleich wieder gebraucht. Gleichzeitig erhitzen wir in mehreren Kochtöpfen ca. 12- 15 Liter Wasser auf 78°C.

Läutern und Anschwänzen

Jetzt den Einkochautomaten so unter dem Läuterbottich stellen, dass die Flüssigkeit über den Hahn aus dem Läuterbottich im Einkochautomaten landet. Die ersten 3 bis 5 Liter werden mit dem Messbecher aufgefangen und vorsichtig wieder in den Läuterbottich gefüllt. Am besten über einen Sieblöffel, damit der Treber nicht aufgewirbelt wird. Sobald die Flüssigkeit klar wird, darf sie in den Einkochautomaten laufen. Dabei unbedingt den Treber im Auge behalten. Er sollte immer mit einer Schicht Wasser bedeckt sein. Dafür das ca. 78°C warme Wasser aus den Kochtöpfen nach und nach vorsichtig in den Läuterbottich füllen.

Eigenes (Craft) Bier brauen- eine Anleitung
Eigenes (Craft) Bier brauen- eine Anleitung
Eigenes (Craft) Bier brauen- eine Anleitung

Würze kochen

Die Würze im Einkochautomaten unter ständigem Rühren zum Kochen bringen und 90 Minuten blubbernd kochen lassen. Während der ganzen Zeit sollte alle 2 bis 3 Minuten gerührt werden. Zwischendurch 100 ml Flüssigkeit entnehmen, auf 20°C abkühlen und mit der Bierwürzespindel den Platogehalt messen. Er sollte zwischen 10° und 12° Plato liegen. Sobald die Würze kocht kann ein Drittel des Hopfens langsam zugegeben werden. Nicht zu schnell reinschütten, sonst schäumt es zu stark. Die zweite Hopfengabe erfolgt kurz vor Ende der Kochzeit. Je später, desto aromatischer ist am Ende das Ergebnis. Während des Kochvorgangs muss der Läuterbottich gut gereinigt und mit Alkohol ausgewischt werden. Er wird gleich als Gärbottich gebraucht und dafür muss er wirklich sehr, sehr sauber sein.

Würze kochen
Platogehalt messen

Whirlpool

Sobald sich die Würze an der Oberfläche nicht mehr bewegt mit einem großen Kochlöffel gleichmäßig und kräftig in eine Richtung rühren um einen starken Strudel zu erzeugen. Kochlöffel rausziehen und ca. 15 bis 20 Minuten warten bis sich die Bewegung gelegt hat. Jetzt kann die Würze langsam in den darunter platzierten Gärbottich abgelassen werden. Die ersten 100 ml auffangen und mit der Bierwürzespindel den Platogehalt messen. Er sollte jetzt über dem zuerst gemessenen Wert liegen und etwa 12° bis 14° Plato betragen. In der Mitte des Einkochtopfes hat sich ein Kegel aus Trubstoffen gebildet. Der sollte nicht im Gärbottich landen, also langsam und vorsichtig arbeiten. Die letzten Liter zusätzlich durch ein feines, mit einem ausgekochten Küchentuch ausgelegtes Sieb filtern.

Würze rühren
Würze rühren

Kühlen und Hefe zugeben

Jetzt muss die Würze möglichst schnell auf 20°C gekühlt werden. Wir haben dazu eine Kühlspirale verwendet. Zur Not kann man die Würze auch über Nacht abkühlen lassen, dann geht aber leider eine Menge Hopfenaroma flöten. Sobald die Würze die richtige Temperatur hat, wird die Hefe nach Packungsangabe zugegeben. Mit einer sauberen Schöpfkelle die Würze mehrmals aufziehen um sie zu belüften. Danach kommt der Deckel drauf. Wenn er ein Gärröhrchen hat, kann er fest verschlossen werden, ansonsten wird er nur leicht aufgelegt und mit einem sauberen Tuch abgedeckt.

Würze abkühlen mit Kühlspirale
Hefe in Würze einrühren

Abwarten und Bier Tee trinken

Die Würze muss nun bei ca. 20°C eine Weile gären. Es reicht wenn man die Gärung alle zwei Tage kontrolliert. Sobald sich nichts mehr tut kann das Jungbier abgefüllt werden. Sieben Tage Gärzeit sollten ausreichen. Wer sicher gehen will spindelt alle zwei Tage. Wenn sich der Wert zwischen zwei Messungen nicht mehr verändert ist die Gärung sicher abgeschlossen.

Gärbottich

Jungbier Abfüllen

Bevor das Jungbier in Flaschen abgefüllt wird muss noch fünf Gramm Traubenzucker pro Liter Bier zugegeben werden. Der Traubenzucker wir in etwas heißem Wasser aufgelöst und vorsichtig zugegeben. Achtung: am Topfboden hat sich die Hefe gesammelt. Die soll beim Abfüllen nicht in den Flaschen landen, also langsam und vorsichtig arbeiten. Die Flaschen müssen absolut sauber sein. Am besten in der Spülmaschine reinigen und dann eine halbe Stunde im Backofen bei 120°C sterilisieren und die Verschlüsse zusätzlich mit Alkohol besprühen.

Nachgärung und Reifung

Das Bier gärt nun in den Flaschen bei ca. 20°C für zwei Wochen nach. Dann kommt es noch für mindestens zwei Wochen aufrecht stehend in den Kühlschrank zum Reifen. Jetzt ist es endlich fertig und darf getrunken werden. Langsam genießen, schließlich steckt eine Menge Arbeit und Zeit in Eurem ersten selbst gebrauten Bier. In einem großen Rotweinglas kommt das Aroma übrigens am besten zur Geltung.

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